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PRofi-Treff – Dialogorientierte Online-PR: Von der Theorie zur praktischen Anwendung im Community Management

PRofi-Treff des PRVA am 07.11.2013

* Dialog als Mittel zur Beziehungsentwicklung
* DOI, der Dialogorientierungsindex. Ein Instrument zur Typisierung von Instrumenten der Online-PR
* Modell der dialogorientierten Online-PR
* Dialog in der Praxis: Das Community Management von derStandard.at

Meine Dissertation steht für Interessierte hier zur Verfügung.

07.11.2013. at 21:32 Hinterlasse einen Kommentar

Dialogorientierte Online-PR, Abstract meiner Dissertation

Zwei Ausschnitte und Vorüberlegungen aus meiner Dissertation habe ich ja schon 2010 in diesem Blog veröffentlicht. Jetzt ist es so weit, die Arbeit wurde endlich beurteilt und das nehme ich zum Anlass, hier eine Zusammenfassung anzubieten. Über Diskussionen und Fragen freue ich mich natürlich sehr.

Abstract: „Dialogorientierte Online-PR“

Verfasser: Mag. Mag. Christian Burger
Titel: Dialogorientierte Online-PR
Typ: Dissertation
Ort, Jahr: Wien, 2011
Seitenzahl: 384 (ohne Anhang)

1       Untersuchungsgegenstand

Untersuchungsgegenstand der Dissertation „Dialogorientierte Online-PR“ ist die Qualität von Beziehungen, die zwischen Mitgliedern von Teilöffentlichkeiten und einem PR-Träger bestehen, und insbesondere deren Korrelation mit dialogorientierter Online-PR und individuellen Faktoren. Ein auf Basis vorhandener theoretischer Grundlagen und Forschungsergebnisse entwickeltes Modell wurde hinsichtlich seiner wichtigsten Zusammenhänge anhand der Online-PR des ÖAMTC empirisch untersucht.

Die zentrale Fragestellung im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung lautet: Welche Zusammenhänge gibt es in der Online-PR zwischen Dialogorientierung auf der Ebene der PR-Instrumente und dem Erreichen der PR-Zielsetzungen?

2       Theorie

Dialogorientierte Online-PR wird als strategisches, prozessorientiertes Verfahren der Öffentlichkeitsarbeit verstanden, das mit Hilfe netzbasierter Kommunikationsdienste einen zweiseitigen, symmetrischen Kommunikationsprozess ermöglicht, dessen Verlauf und Ergebnis weitgehend offen sind. Auf Basis der Excellence-Studie von James Grunig et al. (Grunig/Grunig/Dozier 2002) stellt die Beziehungsentwicklung zwischen PR-Träger und seinen relevanten Teilöffentlichkeiten – messbar anhand der Beziehungsqualität in den Dimensionen Gleichberechtigung, Vertrauen, Verbundenheit und Zufriedenheit (Grunig/Hon 1999) – die Zielvariable im Modell der dialogorientierten Online-PR dar.

Mit Hilfe eines für diese Arbeit entwickelten Dialogorientierungs-Indexes (DOI), der die drei Strukturdeterminanten User-Kontrolle, Offenheit und Konnektivität berücksichtigt, können Instrumente der Online-PR anhand ihres Grades der Dialogorientierung typisiert werden. Es gibt vier Stufen der Dialogorientierung: keine, geringe, mittlere und hohe Dialogorientierung. Die Dialogorientierung von Instrumenten der Online-PR stellt die zentrale unabhängige Variable im Modell der dialogorientierten Online-PR dar.

Weitere Faktoren, die ebenfalls in Zusammenhang mit der Beziehungsqualität und/oder mit dem Grad der Dialogorientierung stehen können, werden als Rahmenbedingungen berücksichtigt.

3       Ziel / Fragestellungen / Hypothesen

Um die Ausrichtung der Arbeit zu fokussieren, wurden aus der zentralen Fragestellung (siehe „Untersuchungsgegenstand“) die folgenden Forschungsfragen abgeleitet:

Forschungsfrage 1: Zielsetzungen dialogorientierter Online-PR

Welche Ziele werden mit dialogorientierten Instrumenten der Online-PR verfolgt?

Forschungsfrage 2: Typisierung der Instrumente dialogorientierter Online-PR

Anhand welcher Kriterien können die Instrumente der Online-PR typisiert werden?

Forschungsfrage 3: Rahmenbedingungen für die dialogorientierte Online-PR

Welche zusätzlichen Variablen (neben Zielsetzungen und Instrument-Typen) sind für die dialogorientierte Online-PR von Bedeutung?

Forschungsfrage 4: Zusammenhänge zwischen Zielen, Typen dialogorientierter Instrumente und Rahmenbedingungen

Welche Zusammenhänge gibt es zwischen den Zielsetzungen, der Nutzung von unterschiedlichen Typen dialogorientierter Instrumente der Online-PR und den Rahmenbedingungen?

Die Forschungsfragen 1 bis 3 wurden in Form eines Modells der dialogorientierten Online-PR (Abbildung 1) auf Basis theoretischer Grundlagen (siehe „Theorie“) beantwortet.

Abbildung 1: Theoretisches Modell der dialogorientierten Online-PR (eigene Darstellung)

Als zentraler Prädiktor (unabhängige Variable) im Modell der dialogorientierten Online-PR wurde der Grad der Dialogorientierung von Instrumenten der Online-PR gewählt. Der Grad der Dialogorientierung wird für einzelne Online-Dienste mit Hilfe des Dialogorientierungs-Indexes anhand der drei Strukturdeterminanten User-Kontrolle, Offenheit und Konnektivität ermittelt.

Als Kriterium (abhängige Variable) wurde das Ziel der Öffentlichkeitsarbeit, die Beziehungsentwicklung (Differenz der Beziehungsqualität zu zwei Zeitpunkten), definiert. Im vorliegenden Modell wird davon ausgegangen, dass es für die Beziehungsentwicklung bedeutend ist, ob in der Online-PR Instrumente mit keiner, geringer, mittlerer oder hoher Dialogorientierung verwendet werden. Die Forschungsergebnisse von Mann (2004) deuten darauf hin, dass ein höherer Grad der Dialogorientierung, der mehr Kontakt und Austausch ermöglicht, mit einer besseren Beziehungsqualität zusammenhängen könnte.

Neben dem Grad der Dialogorientierung gibt es weitere unabhängige Variablen im Modell der dialogorientierten Online-PR: Auf individueller Ebene sind dies erstens Persönlichkeitsmerkmale (Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für neue Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit), zweitens die Internet-Nutzungsintensität und drittens die sozio-demographischen Variablen Geschlecht, Alter und Bildung. Bei den Kommunikationsaktivitäten wurden – neben der für das Modell zentralen Online-PR – die Offline-PR und Kommunikation außerhalb der Sphäre der Öffentlichkeitsarbeit als Rahmenbedingungen identifiziert, für die ein Zusammenhang mit der Beziehungsentwicklung angenommen wird. Auf Seiten des PR-Treibers gibt es darüber hinaus die Merkmale exzellenter Kommunikation nach Grunig et al., die einen Einfluss auf die Beziehungsqualität haben. Schließlich stellen auch die Variablengruppen der nicht-kommunikative Handlungen und Leistungen Faktoren dar, welche die Beziehungsentwicklung ebenfalls beeinflussen.

Im Modell der dialogorientierten Online-PR wird davon ausgegangen, dass die individuellen Merkmale eine Auswirkung auf die Wahl der Online-Kommunikationsdienste (und damit auf die Wahl des höchsten Grades der Dialogorientierung) haben. Weiters wird vermutet, dass manche der individuellen Faktoren direkt auf die Beziehungsqualität wirken. Schließlich wird auch angenommen, dass die Kommunikation außerhalb der Online-PR sowie die Merkmale des PR-Trägers Wirkungsbeziehungen mit der Beziehungsqualität aufweisen.

Um die Forschungsfrage 4 beantworten zu können, wurde eine empirische Untersuchung durchgeführt, die darauf abzielte, durch die Überprüfung von insgesamt 21 Arbeitshypothesen mögliche Zusammenhänge im Modell der dialogorientierten Online-PR zu erkennen.

4       Forschungsdesign

Für die empirische Überprüfung der Arbeitshypothesen anhand eines aus dem theoretischen Modell abgeleiteten Untersuchungsmodells wurde ein Ex-post-facto-Design gewählt: Die erforderlichen Variablen (Beziehungsqualität in den Dimensionen Vertrauen, Gleichberechtigung, Verbundenheit und Zufriedenheit, Persönlichkeitsmerkmale Extraversion und Verträglichkeit, Häufigkeit der Internetnutzung und soziodemographische Angaben sowie Nutzung der Online-Dienste des ÖAMTC) wurden nicht-experimentell in Form einer Querschnittstudie mit einer Online-Befragung unter den Nutzern der Web-Dienste des ÖAMTC erhoben. Die Laufzeit der Online-Befragung startete am 28. September 2010 und endete am 11. Oktober 2010.

Die Daten aus der Online-Befragung wurden zunächst deskriptiv ausgewertet, um einen Überblick über die erhobenen Variablen zu schaffen. Zu diesem Zweck wurden Häufigkeiten und Mittelwerte berechnet. Zur Überprüfung der Arbeitshypothesen wurden Korrelationskoeffizienten berechnet und Signifikanztests zum Einsatz gebracht.

Neben der Online-Befragung kam eine zweite Methode zum Einsatz: Die für diese Untersuchung ausgewählten Instrumente der Online-PR des ÖAMTC wurden im Zuge einer vorbereitenden Maßnahme mit Hilfe des DOI analysiert. Durch diese Strukturanalyse war es möglich, den Grad der Dialogorientierung der von den Befragten verwendeten Web-Dienste zu bestimmen und die Individuen anhand dieses Kriteriums in unterschiedliche Gruppen einzuteilen.

Mit der Kombination der Methoden Online-Befragung (Ex-post-facto-Design) und Strukturanalyse der Online-Dienste wurde das Ziel verfolgt, Korrelationen zwischen dem Grad der Dialogorientierung der verwendeten Online-Dienste und den Dimensionen der Beziehungsqualität, abhängig von unterschiedlichen Nutzertypen, aufzudecken. Zum einen handelte es sich dabei um ein hypothesenprüfendes Vorgehen, welches eine Überprüfung der primären Arbeitshypothesen zum Ziel hatte. Zum anderen war diese empirische Untersuchung auch explorativ angelegt, indem versucht wurde, den Einfluss von definierten Kontrollvariablen anhand der sekundären Arbeitshypothesen zu ergründen. Die Kombination aus Hypothesenprüfung und explorativer Datenanalyse diente dazu, aus dem Untersuchungsmodell ein durch erste empirische Daten verbessertes Modell der dialogorientierten Online-PR zu entwickeln.

5       Ergebnisse

Das erste Ergebnis dieser Dissertation ist der Dialogorientierungs-Index, der eine Typisierung von Online-Instrumenten aus PR-Sicht erlaubt. Ausschlaggebend für den Grad der Dialogorientierung sind die drei Strukturdeterminanten User-Kontrolle, Offenheit und Konnektivität.

Dass der DOI eine sinnvolle Möglichkeit darstellt, anhand technischer Bedingungen (struktureller Voraussetzungen) die Dialogorientierung von Online-Diensten zu ermitteln, zeigte sich bei der Auswertung der Ergebnisse aus der Befragung von Usern der ÖAMTC Web-Dienste. Die Nutzung von Online-Angeboten mit unterschiedlichen Graden der Dialogorientierung weist tatsächlich Korrelationen mit einer Reihe von Variablen auf: Extraversion, Internet-Nutzungsintensität, Alter und Geschlecht.

Im Zuge der empirischen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass individuelle Merkmale mit dem Grad der Dialogorientierung in Zusammenhang stehen und teilweise auch mit der Beziehungsqualität korrelieren:

Für die Wahl des Grades der Dialogorientierung in der Online-Kommunikation spielt der Nutzertyp eine wichtige Rolle. Einerseits zeigte sich, dass extravertierte Personen ein höheres Ausmaß an Dialogorientierung bevorzugen als introvertierte Personen. Andererseits ist es auch von Bedeutung, wie häufig das Internet generell genutzt wird: Internet-Vielnutzer sind eher geneigt, Web-Dienste mit einer hohen Dialogorientierung zu verwenden. Zwischen Beziehungsqualität und Extraversion besteht eine positive Korrelation. Die Internet-Nutzungsintensität steht allerdings in keinem Zusammenhang mit der Beziehungsqualität.

Die Ergebnisse aus der empirischen Analyse legen nahe, dass der Grad der Dialogorientierung auf Instrumenten-Ebene jedoch kaum direkte Zusammenhänge mit der Beziehungsqualität aufweist:

Zwischen den Stufen der Dialogorientierung und der Beziehungsqualität gibt es nur teilweise Zusammenhänge. Die Dimensionen Verbundenheit und Zufriedenheit unterscheiden sich zwischen einzelnen Gruppen signifikant; für Vertrauen und Gleichberechtigung gilt dies jedoch nicht. Ein positiver Zusammenhang zwischen Dialogorientierung und Beziehungsqualität wurde nicht festgestellt. Überraschend wurde auch gezeigt, dass die Betrachtung des Zusammenhanges zwischen Dialogorientierung und Beziehungsqualität getrennt nach Nutzertyp nicht zielführend ist.

Zwischen Drittvariablen (Verträglichkeit, Alter, Geschlecht, Schulbildung, andere Kontakte und ÖAMTC-Mitgliedschaft) und Beziehungsqualität zeigten sich viele Korrelationen. Diese Zusammenhänge sind meist schwach ausgeprägt, können jedoch in Summe die Beziehungsqualität maßgeblich beeinflussen. Diese Befunde untermauern die Vermutung, dass es tatsächlich viele Einflussfaktoren auf die Beziehungsqualität gibt.

Zwischen den Drittvariablen und dem höchsten Grad der Dialogorientierung wurden nur teilweise Zusammenhänge gefunden: Die soziodemographischen Merkmale Alter und Geschlecht weisen schwache Korrelationen mit der Dialogorientierung auf; Schulbildung weist keinen Zusammenhang mit der Dialogorientierung auf.

Die Befunde aus der empirischen Untersuchung führten zur Konzeption eines adaptierten Modells der dialogorientierten Online-PR (Abbildung 2), welches das zweite Forschungsergebnis dieser Dissertation darstellt. In einer Erweiterung des ursprünglichen Modells wurden auf Basis der Theorie von Andreas Mann (2004) zum Dialogmarketing die Variablen Dialogbereitschaft, ‑fähigkeit und ‑kompetenz sowie die konkrete Dialogführung eingearbeitet.

Abbildung 2: Adaptiertes Modell der dialogorientierten Online-PR (eigene Darstellung)

Im adaptierten Modell wird angenommen, dass es zunächst einen Zusammenhang zwischen individuellen Merkmalen (Persönlichkeitseigenschaften, Internet-Nutzungsintensität, soziodemographischen Variablen) und Grad der Dialogorientierung gibt. Der Grad der Dialogorientierung hängt mit der Beziehungsentwicklung nicht direkt zusammen, hat aber einen Einfluss auf die Dialogführung in der Online-Welt, welche wiederum die Beziehungsentwicklung beeinflusst. Die Dialogführung online wird ihrerseits zusätzlich von der Dialogbereitschaft, Dialogfähigkeit und Dialogkompetenz auf Seiten des PR-Trägers sowie der Mitglieder relevanter Teilöffentlichkeiten beeinflusst.

6       Literatur

Burkart, Roland (2005): Verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit. Ein Konzept für Public Relations unter den Bedingungen moderner Konfliktgesellschaften. In: Bentele, Günter/Fröhlich, Romy/Szyszka, Peter (Hg.): Handbuch Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln. Wiesbaden: VS-Verlag, S. 223-240.

Grunig, James E. / Hon, Linda (1999): Guidelines for Measuring Relationships in Public Relations. The Institute for Public Relations. Commission on PR Measurement and Evaluation. Online verfügbar:
http://www.instituteforpr.org/files/uploads/Guidelines_Measuring_Relationships.pdf (Stand: 15.01.2011).

Grunig, Larissa A. / Grunig, James E. / Dozier, David M. (2002): Excellent Public Relations and Effective Organizations: A Study of Communication Management in Three Countries (Lea’s Communication Series). New Jersey: Lea.

Ledingham, John / Bruning, Stephen (Hg.) (2000): Public Relations as Relationship Management. A Relational Approach to the Study and Practice of Public Relations. Mahawah, New Jersey: LEA.

Mann, Andreas (2004): Dialogmarketing. Konzeption und empirische Befunde. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.

27.11.2011. at 16:06 4 Kommentare

DOI – der Dialogorientierungs-Index

Seit einigen Wochen beschäftige ich mich wieder intensiv mit der Dialogorientierung in der Online-PR. Eine wesentliche Frage ist: Was ist denn eigentlich die Dialogorientierung? Und wie kann ich feststellen, ob nun ein Instrument der Online-PR mehr oder weniger dialogorientiert ist?

Für den Zweck meiner Dissertation habe ich Dialogorientierung mit Hilfe von drei wesentlichen Strukturdeterminanten operationalisiert. Der Dialogorientierungs-Index (DOI) ergibt sich also aus der Betrachtung von folgenden drei Dimensionen: User-Kontrolle (Wie leicht ist es für User, die Kommunikator-Rolle zu übernehmen?), Offenheit (Wie leicht ist es, den Kommunikationsprozess als Dritter von außen zu beobachten?) und Konnektivität (Wie leicht entstehen Verbindungen zwischen Usern oder deren Beiträgen?).

Für die Strukturdeterminanten User-Kontrolle, Offenheit und Konnektivität habe ich jeweils 3 Stufen (Ausprägungen) definiert, durch die sich Online-Dienste aus Sicht der dialogorientierten Online-PR unterscheiden.

Strukturdeterminante 1: User-Kontrolle

  • keine User-Kontrolle: Wenn eine Online-Anwendung derart gestaltet ist, dass User die Kommunikator-Rolle gar nicht oder nur dann wahrnehmen können, wenn der PR-Treiber dies im Einzelfall aktiv zulässt, haben User keine Kontrolle über die Kommunikation.
  • mittlere User-Kontrolle: Wenn User generell Voraussetzungen für die aktive Teilnahme an einem Kommunikationsprozess erfüllen müssen, im Einzelfall aber ungehindert kommunizieren können, dann verfügen sie über mittlere Kontrolle über den Kommunikationsprozess.
  • hohe User-Kontrolle: Ist hingegen ein Instrument der Online-PR jedoch so gestaltet, dass User ihre Rolle als Kommunikator ohne Erfüllung von generellen Voraussetzungen und ohne aktives Zulassen des PR-Treibers im Einzelfall wahrnehmen können, so verfügen sie über hohe User-Kontrolle.

Strukturdeterminante 2: Offenheit

  • keine Offenheit: Keine Offenheit (geschlossene Kommunikation) liegt vor, wenn ein zweiseitiger Kommunikationsprozess nicht von Dritten rezipiert werden kann.
  • mittlere Offenheit: Von einer mittleren Offenheit (eingeschränkt offene Kommunikation) wird gesprochen, wenn die Rezeption eines zweiseitigen Kommunikationsprozesses an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.
  • hohe Offenheit: Ein zweiseitiger Kommunikationsprozess weist hohe Offenheit auf, wenn jeder beliebige Internet-User diesen ohne Erfüllung von Voraussetzungen wahrnehmen kann.

Strukturdeterminante 3: Konnektivität

  • keine Konnektivität: Ein Online-Dienst verfügt über keine Konnektivität, wenn Verbindungen zwischen Usern in Form von Kontaktlisten kein zentraler Bestandteil sind und beständige Verbindungen zwischen verstreuten Inhalten nur mit erheblichem Aufwand realisiert werden können.
  • mittlere Konnektivität: Ein Online-Dienst weist mittlere Konnektivität auf, wenn entweder Kontaktlisten zentraler Bestandteil sind, oder Mechanismen zur Verfügung stehen, die beständige Verbindungen zwischen verstreuten Inhalten automatisiert herstellen oder solche Verbindungen unterstützen.
  • hohe Konnektivität: Ein Online-Dienst verfügt über eine hohe Konnektivität, wenn er sowohl Kontaktlisten als auch Verbindungs-Mechanismen für verstreute Inhalte anbietet.

Wenn man den Grad der Dialogorientierung von Online-Instrumenten bestimmen will, muss jede Strukturdeterminante analysiert und einer der drei Stufen zugeordnet werden. Insgesamt gibt es 27 unterschiedliche Möglichkeiten der Kombination, die der untenstehenden Tabelle entnommen werden können. In der Praxis ist nicht davon auszugehen, dass alle Kombinationsmöglichkeiten für konkrete Realisierungen von Online-Diensten Anwendung finden, aber alle sind zumindest theoretisch möglich.

In der Spalte ganz rechts wurde jede der Kombinationsmöglichkeiten auf eine Stufe der Dialogorientierung reduziert. Dies ist eine Vereinfachung: Letztlich dient die Betrachtung der drei Strukturdeterminanten dazu, eine von drei Stufen der Dialogorientierung zu ermitteln.

Die 27 Kombinationsmöglichkeiten wurden mit Hilfe des Dialogorientierungs-Indexes (DOI) den vier Stufen der Dialogorientierung zugeordnet. Jede Ausprägungsstufe einer Strukturdeterminante wurde für die Index-Bildung mit einer Punkteanzahl gleichgesetzt:

  • keine Ausprägung = 0 Punkt
  • mittlere Ausprägung = 1 Punkte
  • hohe Ausprägung = 2 Punkte

Für jede Kombinationsmöglichkeit wurde die Punkteanzahl aller drei Strukturdeterminanten addiert und einer Stufe der Dialogorientierung zugeordnet:

  • 0 Punkte = keine Dialogorientierung, Monolog (wenn jeder der drei Strukturdeterminanten einen Null-Wert aufweist, ist keine Dialogorientierung gegeben und daher handelt es sich um ein monologisches PR-Instrument)
  • 1-2 Punkte = geringe Dialogorientierung
  • 3-4 Punkte = mittlere Dialogorientierung
  • 5-6 Punkte = hohe Dialogorientierung

Abbildung: Dialogorientierungs-Index (DOI) anhand der Ausprägungen der Strukturdeterminanten

User-Kontrolle Offenheit Konnektivität DOI Stufe der Dialogorientierung
1 0 null (Monolog)
2 mittel 1 gering
3 mittel 1 gering
4 mittel 1 gering
5 hoch 2 gering
6 hoch 2 gering
7 mittel mittel 2 gering
8 hoch 2 gering
9 mittel mittel 2 gering
10 mittel mittel 2 gering
11 hoch mittel 3 mittel
12 mittel hoch 3 mittel
13 hoch mittel 3 mittel
14 hoch mittel 3 mittel
15 mittel hoch 3 mittel
16 mittel hoch 3 mittel
17 mittel mittel mittel 3 mittel
18 hoch hoch 4 mittel
19 hoch hoch 4 mittel
20 hoch hoch 4 mittel
21 hoch mittel mittel 4 mittel
22 mittel hoch mittel 4 mittel
23 mittel mittel hoch 4 mittel
24 hoch hoch mittel 5 hoch
25 hoch mittel hoch 5 hoch
26 mittel hoch hoch 5 hoch
27 hoch hoch hoch 6 hoch

Die drei Strukturdeterminanten User-Kontrolle, Offenheit und Konnektivität werden hinsichtlich ihres Einflusses auf die Dialogorientierung gleich stark gewichtet. Der Grund dafür ist, dass für das vorliegende Modell der dialogorientierten Online-PR angenommen wird, dass alle drei Merkmale etwa den gleichen Einfluss auf den Grad der Dialogorientierung haben.

Wenn man nun den Grad der Dialogorientierung mit Hilfe des oben dargestellten DOI berechet, ergeben sich insgesamt 9 Kombinationsmöglichkeiten der Strukturdeterminanten, die als geringe Dialogorientierung gewertet werden, 13 weitere, die mit mittlerer Dialogorientierung assoziiert werden und 4, die als in hohem Ausmaß dialogorientiert gelten.

Zusätzlich ist in der Zeile 1 der Fall dargestellt, in dem alle drei Strukturdeterminanten einen Null-Wert aufweisen: Wenn es keine User-Kontrolle, keine Offenheit und keine Konnektivität gibt, so handelt es sich um ein Instrument mit keiner Dialogorientierung und folglich um einen monologischen Web-Dienst.

Die Fälle, in denen die Strukturdeterminante User-Kontrolle einen Null-Wert aufweist, scheinen grundsätzlich nicht dialogorientiert sein zu können, da unterstellt werden könnte, dass sie eine wesentliche Bedingung für Dialogorientierung nicht erfüllen: Der Rollentausch zwischen Rezipient und Kommunikator ist fraglich. Es gibt jedoch zwei Gründe, warum trotzdem eine Dialogorientierung vorliegen kann: Erstens bedeutet „keine User-Kontrolle“ nicht, dass die Mitglieder der Teilöffentlichkeiten überhaupt nicht aktiv kommunizieren können – sie können die Kommunikator-Rolle dann wahrnehmen, wenn der PR-Treiber dies im Einzelfall zulässt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Beiträge in Foren oder Blog-Kommentare manuell freigeschaltet werden. Und zweitens ist auch dann eine Dialogorientierung gegeben, wenn der Web-Dienst selbst zwar keinen Rollentausch zulässt, aber durch das Vorhandensein von Konnektivität in Form von Verbindungs-Mechanismen ein Dialog an anderer Stelle ermöglicht wird. Dies ist zum Beispiel dann gegeben, wenn Share-Buttons eine Diskussion über einen Inhalt mittels anderer Online-Dienste wie Facebook oder Twitter ermöglichen.

Mich würde interessieren, was ihr, geschätzte LeserInnen dieses Blogs, vom DOI haltet. Ist das eine sinnvolle Möglicheit, Web-Dienste aus PR-Sicht zu beschreiben? Haben die strukturellen Voraussetzungen (Strukturdeterminanten) etwas mit PR-Zielen zu tun?

Demnächst hier im Blog: Dialogorientierung und Beziehungsentwicklung.

18.06.2010. at 09:57 2 Kommentare


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